Was genau ist das?
Hübsche Rosenäpfel und andere "Früchte": Beim Naturtreff haben wir einige Geheimnisse gelüftet.
Das Thema des Abends am 8.8.2024 waren Pflanzengallen, "durch abnormes Wachstum von z.B. Pflanzen entstanden, verursacht durch die Einwirkung eines anderen Organismus". Die Gallenkunde nennt sich Cecidologie.
Am einfachsten findet man Gallen auf Pflanzen. Es gibt sie aber auch auf Pilzen, Flechten, Moosen und Farnen.
Der erwähnte andere Organismus ist oft ein Insekt. Es wohnt als Larve - vor Witterung und Fressfeinden geschützt - in der Galle, und es ernährt sich davon. Aber auch Bakterien, einzellige Organismen, Pilze, andere Pflanzen, Nematoden oder Milben können Gallen verursachen.
Auch der Mensch kann sich die Gallen zunutze machen: zum Gerben von Leder die Gerbsäure der Eichengalle, zur Herstellung von schwarzer Tinte oder als Heilmittel.
Kann man der Galle ansehen, welches Insekt darin wohnt? Ja, zumindest kann man erkennen, welcher Organismus die Galle verursacht hat. Oft befinden sich in der Galle aber zusätzlich weitere Bewohner, Parasiten des Gallenverursachers, die selbst ebenfalls wieder Parasiten haben können (z.B. Erz- und Schlupfwespen). Oder Einmieter, die den Gallenerzeuger nicht schädigen sondern lediglich die Galle mitnutzen, sogenannte Inquilinen. Die Galle ist also eine eigene kleine Welt.
Je nachdem wer die Galle erzeugt hat, hat sie eine andere Gestalt. Auch die Pflanzenart (bzw. allgemein: der Wirt) gibt einen Hinweis, wer die Galle verursacht hat, denn beispielsweise die Natternkopfgallmilbe findet man nur an Natternkopf. Sie ist also auf das Vorhandensein dieser Pflanzenart angewiesen. Passt der Lebensraum nicht mehr für die Pflanze, verschwinden auch die oft vielen Gallenbewohner-Arten dieser Pflanze.
Zur Bestimmung schaut man sich auch an, wo genau die Galle zu finden ist. Die Möhrengallmücke (Kiefferia pericarpiicola) erzeugt die Galle an den Früchten der Wilden Möhre, eine andere Gallmücke (Lasioptera carophila) bildet - ebenfalls an der Wilden Möhre - die Galle als große Kugel am Blütenboden, sowohl Position als auch Aussehen unterscheiden sich. Beide kommen auch an wenigen anderen Doldenblütlern vor.
Wie sieht es im Inneren einer Galle aus? Die Galle von Lasiotera carophila ist mit Pilzmyzel ausgekleidet, die Larve der Gallmücke hat eine kräftig gelbe Färbung.
Wieviele Gallbildner gibt es in Deutschland? Auf jeden Fall weit über 1000, z.B. Gallmücken, Gallwespen, Gallmilben.
Bei manchen Gallerzeugern wird die Pflanze bereits bei der Eiablage zur Herstellung der Galle angeregt, bei anderen erzeugt erst die geschlüpfte Larve die Galle.
Es gibt organoide Gallen, die wie ein verändertes Blatt, eine veränderte Wurzel etc. aussehen und histoide Gallen, die keinerlei Ähnlichkeit mit einem Organ der Pflanze, z.B. eine kugelige Gestalt, haben.
Zu den Gallen gehören auch weniger gern gesehene Arten, die die Pflanze schwächen: der Birnengitterrost, ein Pilz, der auf Wacholder knotige Verdickungen der Äste verursacht und bei Birnen sein Sporenlager auf der Blattunterseite bildet. Außerdem die Kräuselkrankheit, der Maisbeulenbrand und der Obstbaumkrebs.
Dazu gehören auch die verschiedenen Mistelarten, die auf ihrer jeweiligen Wirtsbaumart leben und dort ebenfalls eine Galle, in diesem Fall eine Vergrößerung von Rindengewebe, verursachen. Die Mistel ist ein Beispiel für eine Pflanze, die auf einer anderen Pflanze eine Galle erzeugt.
Auch bei den Blattläusen gibt es Arten, die an unterschiedlichen Wirten leben. Am Primärwirt wird eine Galle erzeugt. Ein Beispiel dafür ist die Ulmenblasenlaus (Tetraneura ulmi), deren Larven im Frühjahr eine Galle an Ulmenblättern bilden, im Sommer leben mehrere Generationen von adulten Tieren an Gräsern (mehr dazu im Pollichia Kurier 40/4 Seiten 40+41).
Die Larven der Gallbildner entwickeln sich innerhalb der Galle, als adultes Tier leben sie außerhalb. Trotzdem sind es eher unbekannte Tiere, da sie meist unscheinbar klein sind. Hier ein Beispiel eines Blattflohs, der an Roter Spornblume gewellte Ränder als Galle verursacht. Auf dem zweiten Foto ist die letzte Larvenhaut und der frisch geschlüpfte Blattfloh zu sehen.