Die Lanzettblättrige Glockenblume (Campanula baumgartenii) im Pfälzerwald
Einleitung
Im Folgenden wird eine Kartierung der Lanzettblättrigen Glockenblume (Campanula baumgartenii) im Pfälzerwald vorgestellt. Die Lanzettblättrige Glockenblume ist ein mitteleuropäischer Endemit: Die Art kommt weltweit nur in Teilen des Pfälzerwaldes und der Nordvogesen sowie in einem kleinen Bereich im Taunus vor. Während die Art im Taunus fast nur in Bergwiesen wächst, sind die typischen Standorte im Pfälzerwald lichte Ränder von Waldwegen.
Morphologie
Die Art sieht ähnlich aus wie die Rundblättrige Glockenblume (siehe Bild links, zum Vergrößern anklicken). Sie ist von dieser am besten an der Behaarung zu unterscheiden: Der Stängel der Lanzettblättrigen Glockenblume hat zumindest im unteren Bereich eine dichte, fast einen Millimeter hohe graufarbene Behaarung, wohingegen der Stängel der Rundblättrigen Glockenblume kahl ist oder nur schütter kleine, erst mit einer Lupe sichtbare Borsten hat (siehe Bild rechts, zum Vergrößern anklicken). Der untere Teil des Stängels der Lanzettblättrigen Glockenblume wirkt daher meistens „wie schlecht rasiert“. Auch der Rand der (unteren und mittleren) Stängelblätter der Lanzettblättrigen Glockenblume ist regelmäßig und fast einen Millimeter lang bewimpert, während er bei der Rundblättrigen Glockenblume kahl ist.
Vom Habitus her ist die Blattbreite zur Unterscheidung hilfreich: Die Lanzettblättrige Glockenblume hat – wie der Name schon sagt, im mittleren Stängelbereich
Oft unsicher ist das Merkmal der Knospenstellung vor dem unmittelbaren Aufblühen: Bei der Lanzettblättrigen Glockenblume nicken die großen Blütenknospen, bei der Rundblättrige Glockenblume stehen sie meistens (aber nicht immer) aufrecht. Genetisch ist die Lanzettblättrige Glockenblume deutlich von der Rundblättrigen Glockenblume unterschieden. So ist etwa die Anzahl der Chromosomen unterschiedlich.
Übersichtskarte grob, zur Detailansicht anklicken.Anstoß für das Projekt „Die Lanzettblättrige Glockenblume im Pfälzerwald“ gab die Auslobung von Förderprojekten des Bundesamtes für Naturschutz zur „Biologischen Vielfalt“ u. a. mit dem Ziel, die Verantwortungsarten zu schützen. Als Vorarbeit zur geplanten Projektbeantragung wurde eine GIS-gestützte Datenbank entwickelt und es erfolgten erste Kartierungen. Bei der Kartierung werden die Fundpunkte über GPS verortet, die Anzahl der Sprossen der Art und die morphologischen Merkmale des Bestandes (unter dem Aspekt „Hybridisierung“) notiert, sowie Standort und Gefährdung dokumentiert. Gleichzeitig wurde mit der Zusammenstellung der alten Funddaten begonnen. Inzwischen läuft das Kartierprojekt bei der POLLICHIA im AK Botanik unabhängig von Förderanträgen auf ehrenamtlicher Basis weiter.
Ergebnisse
In zwei Jahren Kartierung wurden 98 Stellen mit der Lanzettblättrigen Glockenblume gefunden. Die zugehörigen Fund- und Standortsdaten wurden in die Datenbank eingegeben. Hiernach wuchsen an den 98 Stellen insgesamt rund 2.200 Sprosse der Art!
Ein wichtiges Ergebnis der bisherigen Kartierung ist die Übersichtskarte der Fundorte: Link zur Detailkarte
Bis Ende 2021 lagen folgende in der Karte dargestellten Daten vor:
Alte Fundpunkte mit Daten von
- Heiko Bischoff: 42 Fundpunkte, die bis 2010 in TKs eingetragen wurden
- Silke und Heiko Bischoff: 56 Fundpunkte, die ab 2010 über den Artenfinder erfasst wurden.
- Christian Weingart: 21 Fundpunkte, erhoben um 2003, aus den Geländekarte der Kartierung "Flora LD-GER", siehe Weingart Kartierung
- Robert Fritsch: 4 Fundpunkte aus der Zeit zwischen 2011 und 2019 von Drewes, Fritsch und Eller (verortbare Funde aus seiner Datensammlung zur Flora der Pfalz).
Aktuelle Nachweise der Kartierung der Lanzettblättrigen Glockenblume: 98 Nachweise (inkl. Bestätigungen) aus den Jahren 2020 und 2021. Die Kartierung erfolgte von Peter Thomas (teilweise unterstützt von Heiko Bischoff und Gunter May).
Verschollene Fundpunkte: An 63 der altbekannten Fundpunkte war 2020/21 die Lanzettblättrige Glockenblume verschollen. In den meisten Fällen wird Sukzession – teilweise auch durch Auflichtung des Waldes begünstig – als Ursache angenommen.
Kontrollierte Strecke: Dargestellt werden die Waldwege, die 2020 und 2021 mit dem Fahrrad abgefahren wurden. Es handelt sich um rund 250 km Wege, die in Bereichen, wo mit Vorkommen der Lanzettblättrigen Glockenblume zu rechnen ist, liegen.
Ausblick
Die Kartierung soll auch die nächsten Jahre noch ehrenamtlich fortgeführt werden. Dabei sollen möglichst alle altbekannten Fundstellen aufgesucht werden. Auch sollen möglichst viele potenziell geeignete Wege abgesucht werden.
Stellenweise wurden Hybride gefunden. Falls finanzierbar, sollten hier genetische Untersuchungen zum Umfang der Hybridisierung stattfinden.
Die Ergebnisse der Kartierung sollen dem Forst überreicht werden. Ein Artikel in der Forstzeitschrift „Wald.Werte.Wir“ ist vorgesehen.
In Forstrevieren mit besonders vielen Wuchsorten der Lanzettblättrigen Glockenblume sollen Exkursionen mit den örtlichen Revierförstern erfolgen. Dabei soll auf die Besonderheit der Art allgemein und auf erforderliche Schutzmaßnahmen einzelner Vorkommen aufmerksam gemacht werden.
Wenn Sie an dem Projekt mitwirken wollen oder ein Vorkommen der Lanzettblättrigen Glockenblume, das noch nicht in der Verbreitungskarte eingetragen ist, kennen, so wenden Sie sich bitte an Peter Thomas, Jockgrim-Hatzenbühl, mail:
Weiterführende Links
4. Artenportrait der Glockenblume auf der Wildwuchs-Homepage der Universität Mainz